Dezember 2023
Der interdisziplinäre Abend Terrestrial Transit wirft die Frage danach auf, wie wir das irdische und endliche Sein-im-Übergang beherzt als eine Lebensform bejahen können. Mit fünf Aufführungen bis zum 9. Dezember 2023 im DOCK11 schließt die Kompanie Cranky Bodies ein nomadisches Projekt ab, das in Berlin begonnen hat und über Brandenburg und die Grenzstadt Szczecin bis an die Ostsee führte.
Dass wir als Menschen nur Gäste auf Erden sind, ist ein alter Topos. Dabei winkt in konservativ-christlichen Erzählungen, die bis heute mal weniger (und leider auch) mal mehr expliziten Einfluss auf menschliche Perspektiven und Politiken haben, am Ende der irdischen Reise das Paradies: ein Himmel der Erlösten, ein Ort ätherischer Wesen, die die Schwerkraft überwunden haben. Während die Mars- und Mondambitionen eines Elon Musk oder Jeff Bezos diesen utopischen Eskapismus fortschreiben, erkennen andere, dass es Zeit ist, den Transitort Erde aus seinem Bushaltestellenstatus zu befreien.
Dafür braucht es Zeit, gegenseitige Fürsorge, Verantwortlichkeit und den Mut, Experimente zu wagen, die Grandioses hervorbringen oder schiefgehen können. Das erfahren wir während der dreistündigen improvisierten Performance auf mehreren Ebenen. Da wäre zum einen der Rahmen einer Videoarbeit, die sich über zwei Seiten der Bühne erstreckt. Sie holt Bilder einer zurückliegenden Reise in den Raum: ein Dachbodenstudio im brandenburgischen Ponderosa, ein windiger Meeresstrand, eine unbefahrene Straße, ein Waldgebiet hinter den Industrieruinen Szczecins. Sie zeigt Menschen, die heute nicht hier sind, sowie frühere Versionen jener elf Performer*innen, die hier und jetzt mit subtilen Gesten und Handlungen Bezug auf die projizierten Bilder nehmen. Der dritte Raum, der sich dabei öffnet, spricht vom Vergehen der Zeit und der unkalkulierbaren Magie der Erinnerung, in der Reichtum und Verlust unauflösbar miteinander verstrickt sind.
(Johanna Ackwa auf www.tanzschreiber.de)
Künstlerische Leitung: Peter Pleyer, Michiel Keuper
Produktion: Paul Trzeciok
Produktionsassistenz: Agnė Auželytė
Kostüm, Bühne: Michiel Keuper
Kostüm Assistenz: Juliane Längin
Kostüm Hospitanz: Miłosz Jon
Film: Stella Horta
Sound/Music: Marc Lohr
Licht: Joanna Leśnierowska
Tanz: Alexandra Borys, Anna Nowicka (Film), Alistair Watts (Film), Asaf Aharonson, Bjørn Ivan Ekemark/Ivanka Tramp, Caroline Neill Alexander, Eszter Gál, Ka Rustler (Film), Márcio Kerber Canabarro, Marysia Stokłosa, Mor Demer, Oliver Connew, Peter Pleyer
Gäste: (Szczecin) Bartek Mikuła, Katarzyna Sitarz
Dramaturgie/Outside Eye: Jette Büchsenschütz, Kirsten Maar
Eine Produktion von Cranky Bodies a/company in Koproduktion mit DOCK ART. Wiederaufnahmeförderung durch den Berliner Senat für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, gefördert vom Hauptstadtkulturfonds mit Unterstützung von SOPHIENSÆLE und Muzeum Susch und vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.
Dank an Ponderosa, Teatr Kana (Szczecin) und TRAFO Center for Contemporary Art (Szczecin).