Tanzplattform Deutschland Frankfurt / 2016
Zur Zeit seiner Geburt waren Steve Paxton und Robert Rauschenberg ein Paar. Was, wenn er ihr Sohn geworden wäre? Fantasien wie diese aus der Ponderosa Trilogy von 2015 sind typisch für den tanzhistorisch und -betrieblich versierten Peter Pleyer. Das Stück ist benannt nach dem Sommerquartier der Berliner Tanzszene am Oderbruch, kurz vor der Grenze zu Polen. Peter Pleyer hat die Entwicklungen dort, die wiederum die Ästhetik von in Berlin arbeitenden Kunstschaffenden entscheidend beeinflusst haben, durch sein Unterrichten und seine Gesprächspräsenz stark mitgeprägt. Bis er sich 2014 wieder für die künstlerische Arbeit freimachte, war er darüber hinaus vor allem als Leiter der Tanztage Berlin – des jährlichen Festivals für junge Talente – bekannt. Was davon bleibt, ist sein ausgeprägtes pädagogisches Eros, das mit den Arbeiten zu Visible Undercurrent (2014) – einem Archiv in Bewegung und in Begegnung – erfolgreich zum choreografischen Prinzip erhoben wurde. Unterrichten und künstlerische Praxis gehörten für Pleyer schon seit seinem Studium im niederländischen Arnheim zusammen. In alternierenden Haltungen – der des Lehrmeisters genauso wie der des Novizen – erforscht er seitdem sein außerordentliches Archiv zum Postmodern Dance und dessen (europäischen) Folgen. Fixpunkte sind die Aids-Krise der 1980er Jahre, Kontakt-Improvisation, Queer Theory sowie ein formalästhetisches Interesse an Ritualordnungen. Diese Kombinatorik führt Peter Pleyer stilistisch zu einer Mischung aus Lecture-Performance und Freestyle-Voguing; im tastenden Experiment zu gemeinschaftsbildender Dialektik begriffen und umgarnt von seinen beachtlichen Häkelkünsten.
(Astrid Kaminski )